Adolf Merckle!

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tergram

#11 Beitrag von tergram » 08.01.2009, 09:11

Moin scholli,

wir betrachten die Dinge wohl aus verschiedenen Perspektiven - das ist auch gut so.

Weisst du, ein Unternehmer, der sich mit seinem Vermögen ins geschäftliche Risiko hängt, hat meinen vollen Respekt. Auch dann, wenn er falsche Entscheidungen trifft und die Sache vor die Wand fährt. Wenn die Sache gut geht, seien ihm die Gewinne aus vollem Herzen gegönnt - quasi als Risikoprämie. Wer hart arbeitet und Risiken schultert, darf so viel Geld verdienen, wie es ihm möglich ist. Neidlos!

Wer aber schon steinreich ist und hochriskante Spekulationsgeschäfte betreibt (die man nur betreibt, wenn man noch reicher werden will - es gibt dafür ja keine Not), der verstößt gegen alle Sorgfaltspflichten eines ordendlichen Kaufmanns. Spielen tut man nur mit "Spielgeld" - mit überflüssigem Kapital, dessen Verlust man (zähneknirschend) verschmerzen kann. 'Zocken' kann halt auch mal schiefgehen.

Soweit ich das Konglomerat M. beurteilen kann, ist ihm - vielleicht auch altersbedingt - irgendwann alles aus den Händen geglitten, hat er den Überblick verloren. Zu schnelles und zu starkes Wachstum kann wirtschaftlich ungesund sein. Sein seltsamer Unternehmens-Mix (von Pharma bis Baumaschinen) wirkt zwar einerseits risikostreuend, birgt aber andererseits das Risiko des Verzettelns. Wie zu hören ist, war M. ein Unternehmer alten Schlages, der von seinen Mitarbeiten absolute Loyalität verlangte und gern nach Gutsherrenart agierte. Er galt einerseits als Querkopf und streitsüchtig, andererseits als herzensgut. Sowas führt immer zum Hofschranzentum, bei dem kritische Stimmen und warnende Hinweise so lange abgestraft werden, bis sie verstummen. Hinzu kommt wohl typischerweise Angst vor Kontrollverlust und das Bedürfnis, jede Kleinigkeit selbst zu steuern, mangelnde Delegierungsfähigkeit etc. - Katastrophen haben immer ein ganzes Bündel an Ursachen.

Dass mit der steigenden Fremdverschuldung auch die 'Enteignung durch die Hintertür' einhergeht, ergibt sich aus der Sache. Banken sind aber in der Regel nicht daran interessiert, angeschlagene Unternehmen zu übernehmen, sondern daran, ihr Kapital samt Zinsen zurückzubekommen. Dass man als Bank worst case neben dem Kreditausfall auch noch eine strauchelnde Firma an der Backe hat, ist eher der Banker-Alptraum.

Wie gesagt: In dieser Sache gibt es allenthalben nur Verlierer. Und ein warnendes Beispiel.
Zuletzt geändert von tergram am 08.01.2009, 09:32, insgesamt 1-mal geändert.

Gaby

#12 Beitrag von Gaby » 08.01.2009, 09:29

Wenn ich das richtig verstanden habe, hat er doch lediglich bei den VW-Aktien Geld "verzockt" (die Summe war doch wohl im Verhältnis nur gering - zumindest für einen Milliardär), die anderen Schwierigkeiten sind doch so wie ich das verstanden habe dadurch entstanden, dass der Kurs der Aktien, die er von den eigenen Unternehmen besitzt drastisch an Wert verloren haben. Und dafür konnte er doch letztlich nichts.
Vielleicht war das bei VW nur der Versuch irgendwo wieder etwas auszugleichen? Also nicht "er kriegte den Hals einfach nicht voll", sondern der verzweifelte Versuch wieder irgendwie auf einen grünen Zweig zu kommen.
Solange ich kein Hintergrundwissen habe gehe ich erst einmal davon aus, er hat es nur gut gemeint.
Viele Anleger haben doch Geld verloren. Wenn ich eine Aktie vor einiger Zeit für 100 Euro gekauft habe und sie ist durch die Wirtschaftskrise auf 25 Euro gesunken, letztlich ist das doch nicht die Schuld des Anlegers oder sehe ich da etwas falsch?
Viele Betriebe stecken doch in Schwierigkeiten, weil ihr Vermögen durch Aktien nur noch 1/4 des Wertes haben. Bei welcher Bank bekommt so ein Betrieb noch Kredit? Und da fängt das Dilemma dann ja schon an.

Nur mal so nachgedacht, ohne wirklich viel Ahnung von dem Thema Börse zu haben.

Liebe Grüße

Gaby

tergram

#13 Beitrag von tergram » 08.01.2009, 09:43

Gaby hat geschrieben:Nur mal so nachgedacht, ohne wirklich viel Ahnung von dem Thema Börse zu haben.


Ja. Nein. Anders. Es ist halt alles viel komplizierter... (Sorry Gaby :oops: )

Es gibt durchaus treffsichere Ratingverfahren zur Beurteilung von Ausfallwahrscheinlichkeiten, es gibt mathematische Methoden zur Risikoquantifizierung und -qualifizierung. Dabei spielt der aktuelle Börsenwert der Aktien für die Kreditvergabe nur eine zu vernachlässigende Rolle. Ratingverfahren und Scorings blicken immer nur in die Vergangenheit - und die war ja hier durchaus glorios. Daraus leiten Ratings mathematisch die wahrscheinliche Entwicklung in der Zukunft ab.

Wie auch schon gesagt: Ein kompliziertes Ursachenbündel führte zur Katastrophe. Wie immer.
Zuletzt geändert von tergram am 08.01.2009, 09:47, insgesamt 1-mal geändert.

Tom aus Franken

#14 Beitrag von Tom aus Franken » 08.01.2009, 09:43

Scholli schreibt:
Moin Tom,

ich habe nicht genau verstanden was die Kreditvergabe an deine Firma mit dem Freitod von Adolf Merckle zu tun hat.
Vielleicht solltest du dich mal mit Basel 2 sowie mit dem Ratingcode deiner Firma beschäftigen.
Es stimmt aber das es heute wesentlich schwerer ist an Fremdkapital zu kommen wie z. Bsp. vor 10 oder 20 Jahren.
Aber sogar Banker sind in ihrer Borniertheit lernfähig(und das soll schon was heißen) und verfügen inzwischen in ihren Kreditabteilungen über einigermaßen qualifizierte Mitarbeiter.
Ich brauche hier keine Bewertung meiner eigenen Fähigkeiten, die kenne ich allein. Ich habe genügend Berater an meiner Seite, die nicht aufs Geld schauen, wenn sie beraten, sondern die ehrlich und offen darstellen, was machbar ist und was nicht.

Nachdem nun immer mehr Fakten an die Öffentlichkeit kommen, wächst ja sogar der Gedanke, dass der Freitod eine "Voraussetzung" für die Zerschlagung des Imperiums gewesen sein könnte. Die Presse ist ja voll von Darstellungen eventueller Gründe.

Naja, ich ziehe mich wieder zurück und bleibe mit meinen Gedanken alleine!

Tom aus Franken

Dieter

#15 Beitrag von Dieter » 08.01.2009, 09:59

Tom, es hat Dich doch keiner angegriffen. Es wurden nur auch anderes Aspekte als die von Dir dargestellten betrachtet. Daher würde ich einen Rückzug von Dir nun als falsch verstandenes Lesen der anderen Beiträge sehen. Oder habe ich jetzt etwas falsch verstanden?

Dieter

Maximin

BARMHERZIGKEIT...

#16 Beitrag von Maximin » 08.01.2009, 10:38

:) Mein lieber Tom,
nein, Du lebst keineswegs in einer falschen Welt. Du lebst, wie wir alle, in dieser Welt. Sie ist wie sie ist. An manchem, was da vorgeht, könnte man beinahe verzweifeln. Der Unternehmer, um den es hier geht, der war offensichtlich so verzweifelt, dass er seinem Leben ein Ende setzte.

Du schreibst: „Mich soll doch das Leid der Menschen rühren, ich soll doch für gerade diese Gruppe Menschen beten.“ Richtig! Die Barmherzigkeit (Lehnübersetzung von lat. misericordia) ist eine Eigenschaft des menschlichen Charakters. Eine barmherzige Person öffnet ihr Herz fremder Not.

Es ist nicht meine Sache, die Unternehmenspolitik dieses Mannes nachträglich zu bewerten oder gar zu verurteilen.

Mein Anteil an handelnder Barmherzigkeit beschränkt sich hier auf fürbittende Anteilnahme, Menschlichkeit, Mitempfinden, Mitfühlen, Mitgefühl, Mitleid usw.. Da ich an einen barmherzigen Gott glaube überlasse ich ihm die anderen Anteile: Gnade, Vergebung und Verzeihung für einen Menschen, der, aus welchen Gründen auch immer, seinem irdischen Leben ein Ende setzte (siehe u. a. Psalm 103, 8 und . Matthäus 5,7).
Liebe Grüße vom Micha + + +

Gaby

#17 Beitrag von Gaby » 08.01.2009, 10:47

Dieser Artikel ist m.E. unparteiisch und informativ.
http://www.handelsblatt.com/unternehmen ... ht;2121879
Die Schieflage ist nicht durch "Zockerei" entstanden, sondern durch eine Fehlentscheidung.
>>Insgesamt sind die verschiedenen Holdingfirmen von Merckle nach Informationen aus Finanzkreisen mit etwa fünf Mrd. Euro verschuldet – bedingt vor allem durch die kreditfinanzierte Mehrheitsübernahme des Baustoffkonzerns Heidelberg Cement durch Merckle sowie zu einem geringeren Teil durch fehlgeschlagene Spekulationsgeschäfte.<<

Hätte Merckle nicht diesen Baustoffkonzern übernommen, wäre die Schieflage gar nicht erst entstanden. Dann hätte er vielleicht auch nicht mit VW-Aktien spekuliert. Er hat m.E. halt gehofft, Verluste die durch diese Fehlentscheidung entstanden sind damit auszugleichen.

Bei Porsche hat es ja gut geklappt. Sie hatten letztes Jahr mehr Gewinn eingefahren, als sie Umsatz hatten :roll:

Ansonsten kann ich Micha`s Beitrag nur unterstreichen.

Liebe Grüße

Gaby

scholli

#18 Beitrag von scholli » 08.01.2009, 12:58

Ich brauche hier keine Bewertung meiner eigenen Fähigkeiten, die kenne ich allein. Ich habe genügend Berater an meiner Seite, die nicht aufs Geld schauen, wenn sie beraten, sondern die ehrlich und offen darstellen, was machbar ist und was nicht.

Nachdem nun immer mehr Fakten an die Öffentlichkeit kommen, wächst ja sogar der Gedanke, dass der Freitod eine "Voraussetzung" für die Zerschlagung des Imperiums gewesen sein könnte. Die Presse ist ja voll von Darstellungen eventueller Gründe.

Naja, ich ziehe mich wieder zurück und bleibe mit meinen Gedanken alleine!

Tom aus Franken[/quote]



Hallo Tom,

Bewertung war nicht meine Absicht und hast du wohl falsch verstanden.
Wenn es falsch rübergekommen ist entschuldige bitte. :wink:

Ich denke nur wir sollten für jeden Menschen Mitgefühl haben der in einer verzweifelten Situation ist und nicht mehr weiter weiß.

Egal ob er "oben" oder "unten" ist.

Tom aus Franken

#19 Beitrag von Tom aus Franken » 08.01.2009, 14:10

scholli hat geschrieben:Ich brauche hier keine Bewertung meiner eigenen Fähigkeiten, die kenne ich allein. Ich habe genügend Berater an meiner Seite, die nicht aufs Geld schauen, wenn sie beraten, sondern die ehrlich und offen darstellen, was machbar ist und was nicht.

Nachdem nun immer mehr Fakten an die Öffentlichkeit kommen, wächst ja sogar der Gedanke, dass der Freitod eine "Voraussetzung" für die Zerschlagung des Imperiums gewesen sein könnte. Die Presse ist ja voll von Darstellungen eventueller Gründe.

Naja, ich ziehe mich wieder zurück und bleibe mit meinen Gedanken alleine!

Tom aus Franken


Hallo Tom,

Bewertung war nicht meine Absicht und hast du wohl falsch verstanden.
Wenn es falsch rübergekommen ist entschuldige bitte. :wink:

Ich denke nur wir sollten für jeden Menschen Mitgefühl haben der in einer verzweifelten Situation ist und nicht mehr weiter weiß.

Egal ob er "oben" oder "unten" ist.
So habe ich auch mein Zurückziehen nicht gemeint. Ich brauche dazu Zeit, weil ich mir nicht ganz sicher bin, war es eigentlich wirklich Selbstmord? Wie durch ein Wunder hat sich durch den Tod doch eigentlich schnell geklärt, was geklärt werden musste. War Herr Merckle im Weg. Warum hat er vor seinem Tod alles geregelt und dann diese Entscheidung. Ich denke da immer an die Buddenbrocks oder an große Familienbetriebe im hohen Norden, wo sich ähnliche Tragödien abspielten. Stehen dahinter nicht irgendwelche Intriganten. Sind diese nicht zur Verantwortung zu ziehen für ihr Tun. Wer "untersucht" diesen Fall? Für mich steht es fest, dass der letzte Gang des Herrn Merckle nicht ganz freiwillig war.

In den letzten Tagen und Wochen war zu lesen, dass Herr Würth sein Imperium von Deutschland nach Österreich verlegen will, wenn diese ganze Misere von Steuerprüfungen und was auch sonst noch immer nicht im Rahmen bleiben usw. usw. Ich gehe davon aus, dass beide, Herr Würth und Herr Merckle irgendwie aus einem Holz sein dürften. Wenn es stimmt, soll Herr Würth sogar sehr christlich sein. Von Herrn Merckle sind doch ähnliche Eigenschaften beschrieben worden.

Mit diesen Gedanken will ich eigentlich allein bleiben, habe sie aber dennoch veröffentlicht.

Tom aus Franken

Dieter

#20 Beitrag von Dieter » 08.01.2009, 14:22

Herr Würth, lieber Tom, ist neuapostolisch. Meines Wissens war er sogar mal Diakon.
Ersteres weiß ich sicher, denn ich habe in Ungarn mal seine Bezirksältesten kennengelernt. Letzteres kann sein, weiß ich nur vom Hörensagen.

Gruß Dieter

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