Überzeugende Gründe, um aus der NAK auszutreten

Alles rund um die Sondergemeinschaft Neuapostolische Kirche (NAK), die trotz bedenklicher Sonderlehren (u.a. Versiegelung, Entschlafenenwesen mit Totenmission, Totentaufe, Totenversiegelung und Totenabendmahl, Heilsnotwenigkeit der NAK-Apostel, Erstlingsschaft, ..), weiterhin "einem im Kern doch ... exklusiven Selbstverständnis", fehlendem Geschichtsbewusstsein und Aufarbeitungswillen, speziell für die Zeit des Dritten Reiches, der DDR, der Bischoffs-Botschaft ("... Ich bin der Letzte, nach mir kommt keiner mehr. ..."), sowie ihrer jüngsten Vergangenheit und unter erheblichem Unmut ehemalicher NAK-Mitglieder, auch Aussteiger genannt, die unter den missbräuchlichen Strukturen und des auf allen Ebenen ausgeprägten Laienamtes der NAK gelitten haben, weiterhin leiden und für die die NAK nach wie vor eine Sekte darstellt, im April 2019 als Gastmitglied in die ACK Deutschland aufgenommen wird.
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Andreas Ponto
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Re: Überzeugende Gründe, um aus der NAK auszutreten

#51 Beitrag von Andreas Ponto » 24.06.2017, 23:02

Bezirks-Elster hat geschrieben:...
... Das nachhaltigste für mich war, dass es im Idealfall bei einem spirituellen Weg darum gehen sollte, mittelfristig selbst laufen zu können und den spirituellen Lehrer nicht mehr zu benötigen.

Viele Glaubensgemeinschaften würden diesen Punkt missachten, da sie Abhängigkeiten erschaffen. Und wenn ich die Berichte um Jesus in der Heiligen Schrift lese, liest es sich so, dass er die meisten Menschen auch nur kurz getroffen hatte, sich in diesem Moment für sie ganz offen gemacht hat und es dann Hilfe gegeben hat. Kein: wir sehen uns wieder in einer Woche. Ok, bei drei Jahren Wirkungszeit steht fürs Abhängigmachen auch nicht wirklich viel Zeit zur Verfügung....
Heute war der Abschluss meines fünfwöchigen Kurses "Kontemplation in Aktion".
In der vierten Woche war folgende Schriftstelle Teil der Übung: Mk 10,46-52.

"Die Heilung eines Blinden bei Jericho

46 Und sie kamen nach Jericho. Und als er aus Jericho hinausging, er und seine Jünger und eine große Menge, da saß ein blinder Bettler am Wege, Bartimäus, der Sohn des Timäus.
47 Und als er hörte, dass es Jesus von Nazareth war, fing er an zu schreien und zu sagen: Jesus, du Sohn Davids, erbarme dich meiner!
48 Und viele fuhren ihn an, er sollte schweigen. Er aber schrie noch viel mehr: Du Sohn Davids, erbarme dich meiner!
49 Und Jesus blieb stehen und sprach: Ruft ihn her! Und sie riefen den Blinden und sprachen zu ihm: Sei getrost, steh auf! Er ruft dich!
50 Da warf er seinen Mantel von sich, sprang auf und kam zu Jesus.
51 Und Jesus antwortete ihm und sprach: Was willst du, dass ich für dich tun soll? Der Blinde sprach zu ihm: Rabbuni, dass ich sehend werde.
52 Und Jesus sprach zu ihm: Geh hin, dein Glaube hat dir geholfen. Und sogleich wurde er sehend und folgte ihm nach auf dem Wege."

Jesus heilt den Blinden und sagt: "Geh hin!"
Und was macht der geheilte?
"... und folgte ihm nach auf dem Wege."

Während meiner Kontemplationsübungen habe ich mich gefragt, worin die Nachfolge Jesu besteht.
Im Nachlaufen oder im Hingehen und die erfahrene Heilung zu bezeugen?

Nachfolgend ein Zitat aus meinem damals erstellten Wochenrückblick:
...
Aus dem Bibeltext habe ich diese Woche für mich etwas mitgenommen:
Die Menge läuft Jesus hinterher und missachtet im Vorbeigehen den Blinden, ja möchte ihn, als er auf sich aufmerksam macht, sogar von Jesus "wegdrängen", ihn zum Schweigen bringen. Jesus wendet sich ihm zu und schon wendet sich die Menge ebenfalls dem Blinden zu: "...habe Mut...". Jesus heilt den Blinden und sagt zum ihm: "Geh hin." Und der Geheilte folgt Jesus nach. Er hätte aber auch die Möglichkeit gehabt zu gehen und zu verkündigen, zu bezeugen, weiter zu tragen von dem was er erfahren hat.
Für mich ist hier groß geworden, dass die wahre Nachfolge Jesu in der Zuwendung zum Nächsten, zu denen am Rand, zu denen die ohne Hilfe sind, besteht und nicht im Nachlaufen und sich im Dunstkreis anderer zu sonnen oder zu einem bestimmten Zirkel zu gehören und auf Status, Ab- und Ausgrenzung zu achten.
Hier möchte ich mein Leben grundlegend ändern und mich mehr um Zuwendung und Beziehung bemühen.
...
Vielen Dank, liebe Bezirks-Elster, für deine weitere Anregung.

Centaurea

chorus

Re: Überzeugende Gründe, um aus der NAK auszutreten

#52 Beitrag von chorus » 24.06.2017, 23:23

Es ist interessant zu lesen, wer warum und aus welchen Gründen hier aus- und dort wieder eintritt Es ist auch interessant zu beobachten, wie die durch den Drehtüreffekt bedingte neue religiöse Gemeinschaft über den grünen Klee gelobt wird. Gott habe zum Ausstieg aus der einen Gemeinschaft geholfen und in eine neue Abhängigkeit geführt. Insbesondere evangelikale Gemeinschaften schaffen Abhängigkeiten, die weit über die Abhängigkeiten hinausgehen, derer entkommen man mit dem Ausstieg aus der NAK zu sein meint.

Es müsste doch eigentlich klar sein, dass dieser und auch alle anderen Götter lediglich ein geglaubter Gott ist, der jeder realen Existenz außerhalb der Köpfe der an ihn Glaubenden entbehrt.

gabriel

Re: Überzeugende Gründe, um aus der NAK auszutreten

#53 Beitrag von gabriel » 25.06.2017, 15:09

Chorus, wie recht du doch hast! Aber klar bezüglich allgemein übereinstimmender Einsichten ist gar nichts!
Dafür sind wir alle viel zu unterschiedlich: genetisch, biografisch, intellektuell. Und jeder unterwegs gemäß seiner
subjektiven Weltbild-Karte als eben genetisch-biografisch-intellektuell bedingtes KopfProgramm.
Kommunikation, Verständigung, kann da nur gelingen, indem wir dem anderen genau zuhören, genau hinschauen,
um auf die so richtig verstandenen Fragen und Statements angemessen reagieren zu können.
Ein lebenslanger, mühseliger Prozess, wenn wir nicht fortwährend auf einer PlatitüdenEbene uns eiernde Sprechblasen,
als wären sie runde, in sich schlüssige Bälle, zuwerfen wollen.

Brombär

Re: Überzeugende Gründe, um aus der NAK auszutreten

#54 Beitrag von Brombär » 25.06.2017, 21:24

Je länger der Zeitpunkt meiner Abnabelung von der NAK hinter mir liegt, desto versöhnter werde ich mit deren Existenz.

Nicht dass ich plötzlich wieder vermehrt Wahrheitsgehalte in ihrer Lehre gefunden hätte, sondern ganz im Gegenteil. Die für mich unverarbeitete Tatsache ihrer gepredigte Exklusivität, bei gleichzeitigem Bischoff-Fiasko, haben mich langsam aber stetig angewidert und psychisch gequält, so dass ich mir nach Jahrzehnten unbefriedigender Antworten, andere Erkenntnisse zugestanden habe.

Ich muss zugeben, dass ich dazu erst in der Lage war, als ich auch meine persönlichen Umstände konsequent und unter Aufbietung großer psychischer Kraft, veränderte.

Dieser stammapostolische Maulkorb „Wir schweigen und gehen unseren Weg“ hat mich immer wieder an eine zugestopfte Quelle erinnert und damit mehr und mehr zu anderem Denken veranlasst.

Ich weiß, dass die meisten der hier mitlesenden User mit diesen Gedanken nicht allzu viel anfangen können, weil die Bischoff-Lüge vor ihrer Zeit lag. Ich habe zu diesem Thema hier im Forum schon viel gesagt und werde daher keine Einzelheiten in diesem Beitrag ausführen. Nur soviel soll gesagt sein, dass meine Eltern im wahrsten Sinn des Wortes „kindlich gläubig“ waren und dass es ihr heiliger Ernst war, dass unsere fünfköpfige Familie geschlossen an der Hochzeitstafel des Lammes sitzen sollten. Dem entsprechend wurden wir Kinder mit allen Mitteln einer Nachkriegserziehung an den „göttlichen Willen herandiszipliniert".

Selbstverständlich wurde auch ich in das neuapostolische Vollendungsgetriebe eingebaut und da selbst das kleinste Rädchen hierin eine Funktion zu erfüllen hatte, war es für mich kaum vorstellbar, zumindest meine „mir anvertrauten“ Mitgeschwister zu enttäuschen.

Es waren viele Verantwortlichkeiten, die mir als Amtsträger und Familienvater ans Herz gelegt wurden.
Zu irgend einem Zeitpunkt war dann jener genannte Moment gekommen, an dem ich mich mit all diesem übertragenen Ballast samt unüberbrückbarem „Bischoff-Knatsch“ nicht mehr belasten wollte und auch nicht mehr konnte. Das war für mich der Zeitpunkt, an dem ich zum ersten Mal in meinem Leben meine Geschicke selbst in die Hände nahm, nachdem ich zuvor ein Leben lang hierfür die „Segensträger“ an meiner Seite hatte.

Dieser Lebensabschnitt war mit einem starken Zusammenrücken mit Gott – meinem himmlischen Vater, verbunden. Plötzlich hatte ich so viel Vertrauen in IHN, dass mir seine angeblichen irdischen Vermittler überhaupt nicht mehr wichtig waren. Wann immer mich Ängste beschlichen, ging ich in stillem Kontakt zu IHM und – siehe da – er war da und hat aus meinen Sorgen "Wunder seiner Liebe" gemacht.
Das alles gelang Gott ohne gesandtschaftliches Zutun und oft auf solch unerwarteten Wegen, dass ich nur staunen konnte. Mein Vertrauen zu IHM wuchs von Tag zu Tag und meine Offenheit, mit IHM über alles zu reden, ebenfalls.

Es kamen in diesen Zeiten so viele unverarbeitete Gedanken über mich, mit denen ich mich an IHN wandte und nicht einmal wurde ich enttäuscht. So gesehen hatte ich nicht die geringste Veranlassung baldmöglich einer neuen Glaubenslehre anzuhangen.

Die Entwöhnung aus der neuapostolischen „Vollendungswerkstretmühle“ ging durch einen Ortswechsel relativ reibungslos vonstatten. Die benachrichtigten, neuen NAK-Seelsorger habe ich mit sehr offenen Fragen anscheinend so verunsichert, dass sie recht schnell ihre Besuche einstellten, um nicht selbst in Zweifel zu kommen.

Zwischenzeitlich gab es auch einige zufällige Begegnungen mit früheren Glaubensgeschwistern, wobei ich mit Freundlichkeit nicht sparte und so feindlichem Ansinnen das Wasser abgrub. Allerdings waren solche Begegnungen immer zeitlich limitiert, da meine Gesprächspartner offensichtlich Angst hatten, sich mit unerklärbaren Glaubensgegebenheiten auseinandersetzen zu müssen.

Um nun noch einmal auf meine Eingangszeilen Bezug zu nehmen, muss ich unterstreichen, dass ich nur durch diese irrsinnige Lehre von der „Heimholung zur Lebenszeit des JGB. in die Lage gekommen bin, neue Wege zu gehen und ein inniges Gottvertrauen zu erringen. Geholfen haben mir dann auch noch solche Vorkommnisse wie Geschichtsklitterung und Lügen bezüglich der Apostelanordnungen ( 22 Uhr-Gebot).

Heute weiß ich, dass Gott seinen Geschöpfen keine komplizierte Glaubenslehre zumutet. Ich denke, es genügt ihm, wenn wir seine Allmacht erkennen und uns vertrauensvoll unter seinen Willen stellen. Was sein Wille ist, erkennen wir in der Schöpfung und in ihrer Erhaltung. Es ist wirklich nichts, in welchem Gott nicht seine helfende oder tröstende Hand im Spiel hätte, und dies selbst im Leid, das ich auch durchleben musste.

Natürlich gibt es immer Probleme, die mich zuweilen belasten, meist dann, wenn ich wieder mal vergesse, welch köstlichen Freund ich habe. Daran werde ich arbeiten müssen bis ans Ende. Doch diesem Ende sehe ich heute sehr viel ruhiger entgegen, ohne Sorge, die Eintrittskarte ins Himmelreich wegen nicht genügender Qualifikation zu verspielen.

Gott gebe uns Dankbarkeit und Liebe und das Erkennen seiner unendlichen Freundschaft.

Magdalena

Re: Überzeugende Gründe, um aus der NAK auszutreten

#55 Beitrag von Magdalena » 26.06.2017, 10:02

Lieber Brombär,

herzlichsten Dank für Deinen Bericht! Wir beide dürften so ungefähr gleichen Jahrgangs sein. (Deshalb, liebe Bezirks-Elster, könnte nichts aus uns werden, auch wenn Du nicht verheiratet wärst, denn ich bin eine ziemlich alte Frau :wink: )

Die Vorgänge in der Bischoff-Ära hatten mich damals nicht so belastet, denn ich lebte in der DDR, da bekamen wir sehr wenig mit von den furchtbaren Vorgängen in dieser unsäglichen Angelegenheit. Ich erlebte nur ganz am Rand, wie man sich bis in die Familien hinein von denen distanzierte, die der "Botschaft" keinen Glauben schenken wollten.

An die 22:00-Uhr-Ende-Zeit kann ich mich aber noch sehr gut erinnern! Da hieß es auch bei uns: "Der liebe Stammapostel betet für alle Gotteskinder um 22:00 Uhr, da muss jeder zu Hause sein, wenn nicht, hat er keinen Engelschutz mehr!" Was für eine Blasphemie!!!! Aber wir haben es damals so hingenommen, wir waren ebenfalls "kindlich gläubig".

Auch ich sehe es so, dass ich kein "göttliches Bodenpersonal" mehr benötige, um irgendwelche Entscheidungen in meinem Leben zu treffen. Ich will nur noch Gott gegenüber verantwortlich sein und will und werde mich von keinem Menschen mehr unter Druck setzen lassen.

Schwäble

Re: Überzeugende Gründe, um aus der NAK auszutreten

#56 Beitrag von Schwäble » 26.06.2017, 11:20

Magdalena, da kann ich zustimmen - auch ich werde keinem Bodenpersonal mehr ein Bestimmen über mein Leben zulassen.

Habe die Bischoff Zeit noch gut in Erinnerung, bin mit der Erwartung an die bald bevorstehende Wiederkunft groß geworden. Er war ja schon ein alter Mann....

Die unschönen Zeiten nach seinem Tod.... Wie konnte man so viele Gläubige so an der Nase herumführen. Als Kind hatte man leider keine andere Wahl und ich denke noch immer mit Bedauern daran, wie ich gewartet habe, was nun den "Abgefallenen" passieren werde. Dass es mich sehr nachdenklich gemacht hat, dass die ihr Leben ganz normal und gut weitergelebt haben.

Deshalb für mich - ich gehe gerne mal einen ev. GD besuchen, aber binden an eine Kirche werde ich mich nicht mehr

Gruss vom Schwäble
Bei dem schon 29 Grad im Schatten sind

gabriel

Re: Überzeugende Gründe, um aus der NAK auszutreten

#57 Beitrag von gabriel » 26.06.2017, 15:51

Werte Martha und werter Brombär, darf ich mich als alters- und erfahrungsmäßig wohl dicht angesiedelter Zeitgenosse dazugesellen? … - Die "Botschaftszeit" habe ich z. B. als Kind ganz intensiv erlebt, und zwar in einer für mich tiefgreifenden Widersprüchlichkeit zwischen fiebriger, weltferner Euphorie und sprachloser Angst, weit bis in meine Träume hinein. Der jähe Tod Bischoffs dann - und die damit plötzlich "frei im Raum schwebende" Botschaft, die sich in der Psyche eines 15Jährigen, der ich damals war, zusehends zu einem furchterregenden Monster, zu einem "Untoten" aufblähte - hat mein Leben zweifellos stark mitgeprägt.
Dass ich mich als Heranwachsender wieder berappelt habe und später gar Amtsträger wurde, verdanke ich ganz entschieden vielen lieben Menschen (damalige Glaubensgeschwister in Familie und Gemeinde), die mich in ihrem ebenfalls ratlosen Dennoch-Glauben gehalten haben. Doch war mit Bischoffs Tod für mich "das Wort vom Altar", gleich von wem es kam, im besten Sinne fragwürdig geworden! Ausbleibende oder unbefriedigende Antworten haben mich schließlich in der Literatur weiterfragen und -suchen lassen, zusehends auch in NAK-kritischer, sodass ich auch von "außerhalb" Zugang zur NAK-Geschichte und ganz anderen Wertungen Ihrer "Charakterstruktur" fand. Ab Mitte der 1990er Jahre kamen kritische Recherche-Ergebnisse aus dem Internet hinzu.
So war es die selbstverständliche Folge, dass in dem Maße, in dem mein Detailwissen zunahm, sich auch mein Bild und Verhältnis vom und zum "Erlösungswerk der Endzeit" veränderten. Das hob die positiven Erfahrungen im zwischenmenschlichen Geschwisterkreis keineswegs auf. Entwertete auch nicht die eigenen "Glaubenserlebnisse", von denen ich so lange überzeugt war, dass sie, als vom "Herrn" kommend, meinen NAK-Glauben als unumstößlich legitimierten. Und doch gingen mir von Mal zu Mal mehr die Augen auf für NAK-spezifische Mittel und Verfahrensweisen zur nachhaltigen Bewusstseinsprägung der Gläubigen. Eine Bewusstseinslage mit entschieden verengter Außenwelt-Wahrnehmung, verbunden zudem mit einem Selektionsreflex, der jede Information, jede Wahrnehmung, die nicht in das innere, dogmatisch stilisierte NAK-Weltbild passt, entfernt.
Unter dieser Voraussetzung habe ich die desaströse Drave-Vorstellung vom 04. Dezember 2007, über die internen NAK-Machtkämpfe von 1938 bis 1955, als letzten Anstoß erlebt, dies inzwischen von mir als totalitär-repressiv wahrgenommene Glaubenssystem zu verlassen.
10 Jahre sind seitdem vergangen. Ohne die meisten, in deren Kreis ich früher so gerne verkehrt habe. Ein schwerer Verlust! Aber auch ein Neubeginn!
Eine anfängliche Hinwendung zu einer mir durchaus sympathischen evangelischen Gemeinde habe ich nach kurzer Zeit wieder beendet, weil ich mich mit meinen Erfahrungen nicht mehr auf ein Gottes- und Weltbild einlassen will - und kann! -, dessen antike trinitarische Ausmalung auf ebenso brutale (Herrschafts-) Weise geschehen ist, wie sie mir aus der NAK (und anderen religiösen Systemen) bekannt ist.
Und Gott? - Wer oder was ist mir "Gott" heute?… Persönlich ein Neutrum. Aber positiv, wenn eine Gottes-Vorstellung einen Menschen zu einem hilfreichen, mitdenkenden und mitfühlenden Menschen "macht". - Negativ, wenn eine Gottes-Vorstellung einen Menschen in eine Masse Gleichgearteter führt, deren absoluter Glaube sich spätestens am "Entweder / oder" entzündet und infolgedessen an irgendeinem Punkt von jeder humanen Ethik entbindet. Beide Gottes-Figuren wirken vor unseren Augen! - Ich persönlich kann heute gut auf beide verzichten. Sympathischer ist mir allerdings die, die aus mythologischen Geburtswehen als "wahrer Mensch" in diese -, unsere tragische, gottgemachte (!?) Welt kam.

gabriel

Re: Überzeugende Gründe, um aus der NAK auszutreten

#58 Beitrag von gabriel » 26.06.2017, 15:52

Pardon - In der Anrede meinte ich Magdalena!

Brombär

Re: Überzeugende Gründe, um aus der NAK auszutreten

#59 Beitrag von Brombär » 26.06.2017, 21:43

Werter gabriel,

Sie haben mit Ihren Ausführungen sehr treffend die Befindlichkeit eines jungen neuapostolischen Menschen in den Jahren der Botschaft (und leider auch noch danach) dargestellt. Herzlichen Dank dafür.

Ich hatte ja in meinem Beitrag von gestern, 25. Juni versprochen, zum Botschaftsfiasko nicht weiter in Einzelheiten zu gehen und will mich - zumindest in diesem Thread, auch daran halten, obwohl es zu diesen Vorgängen bücherweise zu berichten gäbe. Es trägt allerdings noch wesentlich zum Verständnis meiner Ausführungen von gestern bei, wenn ich vermerke, dass wir als Jugendliche in der besagten Zeit bedrängt wurden, bei jeder sich anbietenden Gelegenheit die Botschaft vom unmittelbar bevorstehenden Kommen Jesu unter die Menschen zu bringen. Unser Verhalten war damals ein "Hauszuhaus-Missionieren" wie es in späteren Zeiten nur noch von den ZJ praktiziert wurde. Einen freien Abend gab es deshalb nicht mehr und wieder und wieder wurden die Gläubigen in die Verantwortung gebracht, das letzte Schaf zu suchen, damit der Herr „endlich abschließen“ könne. Das Versterben Bischoffs verursachte in mir die sehr langsam heraufdämmernd Erkenntnis, dass ich missbraucht wurde, für eine Sache, die – wie sich erst mit Aufkommen des Internets herausstellte, zu tiefst verabscheuungswürdig war.

Sie schrieben u.a.:

Eine anfängliche Hinwendung zu einer mir durchaus sympathischen evangelischen Gemeinde habe ich nach kurzer Zeit wieder beendet, weil ich mich mit meinen Erfahrungen nicht mehr auf ein Gottes- und Weltbild einlassen will - und kann! -, dessen antike trinitarische Ausmalung auf ebenso brutale (Herrschafts-) Weise geschehen ist, wie sie mir aus der NAK (und anderen religiösen Systemen) bekannt ist.

Diese Aussage ist für mich insofern interessant, als auch ich mit der Trinität überhaupt nicht zurecht- kam. „ Der Vater und ich sind eins … Die Zeit meiner Wiederkunft weiß allein der Vater … Vater ich will, dass die, die du mir gegeben hast … Vater, lass diesen Kelch von mir gehen … usw. usw. Hier ist die Trinität ja buchstäblich aufgelöst. Es ist sicher nicht von ungefähr, dass die Kirchenväter des ersten Jahrtausends mehrere hundert Jahre gebraucht haben, um sich auf einen einigermaßen tragfähigen Kompromiss zu einigen.

Was mir in Ihrer Darlegung auffiel, ist die Frage: Wer oder was ist mir “Gott“ heute?

Sie antworten mit der Feststellung, dass man sich zwei unterschiedliche Gottesbilder vorstellen könne und dass Sie es allerdings vorzögen, auf beide zu verzichten. (Ich hoffe ich habe richtig interpretiert)

Diese Feststellung kann ich sehr wohl verstehen, wenngleich ich andere, vielleicht glückhaftere Erfahrungen machen durfte. Ich vergesse das Wort unserer Kunstfigur Cemper nicht, der einmal in einem seiner Beiträge feststellte:

Die ganze Geschichte des Christentums ist ein Schauspiel. Teilweise dramatisch-schaurig. Teilweise "große Oper". Teilweise schwülstig-aufgeblasenes Getue. Teilweise Askese. Teilweise tiefe Gläubigkeit. Teilweise Vertrauen in das, was uns unbedingt angeht: Vertrauen in Gott. Teilweise großer Intellekt. Teilweise bodenlose Naivität. Teilweise Trost für Mühselige und Beladene. Kurzum: für jeden etwas.

Doch aber auch die Frage:

Was trägt mich in der "tiefsten Tiefe"? Was trägt mich, wenn ich das Gefühl habe, endlos abzustürzen? Ist es das gläubige Vertrauen - also der Glaube ? Ist es der Unglaube? Der Atheismus?
Die Antwort muss jeder für sich finden. Es bleibt aber die Frage, ob die Antwort, die wir jetzt haben, in der Stunde extremer Belastungen tragfähig ist. Da sollte man vielleicht die Erfahrungen der Alten nicht vorschnell ablehnen.


Mit einem lieben Gruß
Brombär

R/S

Re: Überzeugende Gründe, um aus der NAK auszutreten

#60 Beitrag von R/S » 27.06.2017, 09:26

Brombär:
Was trägt mich in der "tiefsten Tiefe"? Was trägt mich, wenn ich das Gefühl habe, endlos abzustürzen? Ist es das gläubige Vertrauen - also der Glaube ? Ist es der Unglaube? Der Atheismus?
Die Antwort muss jeder für sich finden. Es bleibt aber die Frage, ob die Antwort, die wir jetzt haben, in der Stunde extremer Belastungen tragfähig ist. Da sollte man vielleicht die Erfahrungen der Alten nicht vorschnell ablehnen.
Lieber Brombär,
Sie weisen mit sehr vielsagenden Worten auf etwas hin, was im Sturm und Drang widerstreitender Geister, bedingt durch das Aufwachen aus der apostolischen Narkose, meist viel zu kurz kommt oder bedingt durch mangelnde Lebensreife (noch) nicht in den ihm zustehenden Blickpunkt gerückt ist.
Die zeitgeistigen Erscheinungen (Säkularisierung des Christentums, kirchlicher Missbrauch des Glaubens, wissenschaftsbedingter Machbarkeitswahn, Abkehr von allem, was nach geistiger Unfreiheit muffelt usw., usw.) tragen das ihre dazu bei, dass eine atheistische Pseudowelle entstehen konnte, die außerhalb alles Verifizierbaren keine Sicht mehr hergibt und von daher ihre Wahrnehmung genauso maßlos verabsolutiert, wie die Dogmen etc., die sie in den Kirchen (zurecht) ankreiden.
Vor allem junge und enttäuschte Menschen lassen sich davon nur allzu gerne überrumpeln, glauben sie doch in ihr des Trudels Kern, nämlich die wahre Freiheit, endlich gefunden zu haben. Nicht zuletzt, weil Atheismus und Agnostizismus keine Forderungen mehr stellt, aus deren missbräuchlicher Verwendung das meist sehr undifferenzierte Freiheitsvirus erst entstehen konnte.
Siehe als weitere Anregung den jüngsten Aufsatz "Meinung, Glaube und Wahrheit" auf: https://kirchenreform.jimdo.com/online- ... e-artikel/

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